Unter Luzifers Schwingen: Teil 2

Hollywoods Dämonenmaschine: Vom Glauben zum Spektakel

Einleitung

Unter Luzifers Schwingen gleitet der Blick von den stillen europäischen Bergen in die Kulissen von Hollywoods Dämonenmaschine. Das Kino hat den Teufel nicht erfunden, sondern ihn dankbar übernommen. Es machte aus der alten religiösen Angst ein Bild, das sich verkaufen lässt, und aus dem Glauben ein Spektakel. Die Leinwand ersetzte den Altar, doch das Ritual blieb dasselbe: Busse, Versuchung, Erlösung, Wiederholung.

Dieser Text ist eine nüchterne Betrachtung aus der Sicht eines Rationalisten, der keinen Platz für den Glauben an übernatürliche Wesen oder göttliche Erzählungen hat. Es schmälert die Wirkung der erwähnten Filme nicht, sondern zeigt, aus welcher Perspektive ich sie betrachte. Ich sehe sie nicht durch den Glauben, sondern durch die Distanz. Vielleicht erklärt das, weshalb mich manche dieser Werke weniger unterhalten, sondern vielmehr zum Nachdenken über die Intention ihrer Macher anregen.

Das Kino der Erbsünde

Ich erinnere mich, dass mein erster Kontakt mit filmischem Satanismus Race with the Devil war. Ich war noch ein Kind und verstand kaum, was ich sah, aber die Bilder blieben: nächtliche Rituale, maskierte Gestalten, ein Gefühl von Bedrohung, das ebenso faszinierte wie es erschreckte. Hollywood verkaufte mir nicht den Teufel, sondern die Urangst vor ihm. Dieses Produkt löste bei mir keinen Glauben aus, sondern Neugier. Vielleicht begann dort meine Faszination für das, was Menschen fürchten und was sie brauchen, um sich davor zu retten.

Race with the Devil

Roger und Frank, zwei Freunde, fahren mit ihren Frauen durch Texas, um Urlaub zu machen und dabei ihrem Alltag zu entfliehen. Mit Wohnmobil, Motorrädern und kaltem Bier scheint alles perfekt, bis sie Zeugen eines satanischen Rituals werden, das in einem brutalen Mord endet. Von da an beginnt eine gnadenlose Jagd. Die Sekte will verhindern, dass die vier entkommen und ihr Geheimnis verraten. Bald ist klar, dass niemand, dem sie begegnen, vertrauenswürdig ist.

Besonderheiten
Eine Mischung aus Roadmovie, Horror und Actionfilm, die typisch für die 1970er Jahre ist. Der Film nutzt reale Stunts und authentische Schauplätze in Texas, wodurch er eine beklemmend realistische Atmosphäre erzeugt. Die satanische Thematik spiegelt die damalige gesellschaftliche Angst vor Sekten und Okkultismus wider, die kurz darauf in der sogenannten Satanic Panic kulminierte.

Einfluss
Race with the Devil steht in der Tradition von Deliverance und The Wicker Man. Wie diese Filme zeigt er die Angst vor abgeschotteten Gemeinschaften und den Zusammenbruch zivilisierter Ordnung in der Wildnis. Die Verbindung von Verfolgungsjagd, Paranoia und Okkultismus wurde später von zahlreichen Filmen aufgegriffen. Das Werk prägte das Bild des feindlichen Hinterlands, in dem das Böse nicht übernatürlich, sondern menschlich organisiert ist.

  • Regie
    Jack Starrett
  • Land / Jahr
    USA / 1975
  • Länge
    88 Minuten
  • Genre
    Action-Horror, Okkult-Thriller
  • Hauptbesetzung
    Peter Fonda, Warren Oates, Loretta Swit, Lara Parker


Rosemary’s Baby von Roman Polanski (1968) gab dem Satanismus eine psychologische Form. Eine junge Frau wird schwanger und von allen Seiten manipuliert, bis sie erkennt, dass sie den Sohn des Teufels trägt. Der Film bleibt ambivalent. Er kann als Paranoia einer isolierten Frau gelesen werden oder als reale satanische Verschwörung. Hollywood und die Medien entschieden sich für Letzteres. Was ursprünglich ein Film über weibliche Angst, Körperkontrolle und patriarchale Manipulation war, wurde in der Rezeption zum Teufelsdrama. Damit begann die kommerzielle Geburt des modernen Satanismus im Kino, nicht als Glaube, sondern als Narrativ, das sich perfekt vermarkten liess.

Rosemary’s Baby

Das junge Ehepaar Rosemary und Guy Woodhouse zieht in ein altes Apartmenthaus in New York. Guy, ein aufstrebender Schauspieler, freundet sich schnell mit den exzentrischen Nachbarn an, während Rosemary sich zunehmend unwohl fühlt. Als sie schwanger wird, beginnt sie zu ahnen, dass etwas nicht stimmt. Ihre Umgebung wirkt plötzlich feindlich, ihr Körper verändert sich, und sie spürt, dass dunkle Mächte an ihrem Kind interessiert sind. Bald erkennt sie, dass ihr ungeborenes Baby Teil eines satanischen Plans ist.

Besonderheiten
Roman Polanski inszenierte Rosemary’s Baby als klaustrophobisches Kammerspiel, das auf psychologische Spannung statt auf Effekte setzt. Der Film zeigt, wie das Böse im Alltag wurzelt, in freundlichen Gesichtern, in gesellschaftlichem Ehrgeiz und in der Angst der Frau, ihrem eigenen Körper ausgeliefert zu sein. Mia Farrow verkörpert diese Angst mit einer stillen Verzweiflung, die den Film zu einem Meilenstein des modernen Horrors macht. Der minimalistische Soundtrack und die nüchterne Kameraarbeit verstärken die Paranoia, bis selbst die Normalität unheimlich wirkt.

Einfluss
Rosemary’s Baby gilt als Beginn des modernen Okkulthorrors. Der Film löste die Welle aus, die später zu Werken wie The Exorcist, The Omen und Angel Heart führte. Er machte den Teufel zu einem gesellschaftlichen Phänomen, das nicht mehr in mittelalterlichen Kirchen, sondern in den Wohnungen der Mittelschicht lauert. Polanski stellte die religiöse Angst in einen urbanen, säkularen Kontext und zeigte, dass das Böse durch Vertrauen, nicht durch Schrecken eindringt. Der Film prägte die Darstellung des Unsichtbaren und liess Raum für Zweifel, wodurch er psychologisch tiefgreifender blieb als viele seiner Nachfolger.

  • Regie
    Roman Polanski
  • Land / Jahr
    USA / 1968
  • Länge
    136 Minuten
  • Genre
    Psychologischer Horror, Okkultthriller
  • Hauptbesetzung
    Mia Farrow, John Cassavetes, Ruth Gordon, Sidney Blackmer


The Exorcist von William Friedkin (1973) brachte den Teufel dann endgültig in die Wohnzimmer. Die Besessenheit des Mädchens Regan wurde zum globalen Schockbild, zur Massenoffenbarung. Der Film lebt von der Spannung zwischen medizinischer Erklärung und religiösem Wahn, doch am Ende siegt der Glaube. Friedkin machte die Angst wieder sakral und stellte den Priester als letzten Retter einer zerrissenen Moderne dar. The Exorcist ist kein Film über Satan, sondern über das Bedürfnis nach Erlösung.

Das Mädchen wird nicht vom Teufel heimgesucht, sondern von der Unfähigkeit einer Gesellschaft, ohne das Böse auszukommen. Regisseur William Friedkin verstand das instinktiv: Sein Pazuzu ist kein dämonisches Wesen, sondern ein Spiegel. Er zeigt, dass selbst ein uralter mesopotamischer Dämon erst durch christliche Symbolik Bedeutung bekommt. Ohne Kreuz kein Exorzismus, ohne Glaube kein Teufel.

The Exorcist

Ein junges Mädchen verhält sich plötzlich verstörend, ihre Mutter sucht verzweifelt medizinische und psychologische Hilfe. Als keine Erklärung gefunden wird, wendet sie sich an die Kirche. Zwei Priester stellen sich dem Dämon, der von sich behauptet, Pazuzu zu sein. Der Exorzismus wird zu einem Kampf zwischen Glaube und Zweifel, zwischen Religion und moderner Vernunft.

Besonderheiten
William Friedkins Regie und Dick Smiths bahnbrechendes Make-up machten The Exorcist zu einem der einflussreichsten Horrorfilme aller Zeiten. Das Sounddesign, die Musik von Mike Oldfield (Tubular Bells) und die realistische Darstellung des Übernatürlichen lösten 1973 Schock, Empörung und religiöse Kontroversen aus. Der Film basiert auf William Peter Blattys Roman, der wiederum von einem dokumentierten Exorzismus in den 1940er Jahren inspiriert wurde.

Einfluss
The Exorcist begründete das Subgenre des religiösen Horrors und prägte das Bild des modernen Teufels im Kino. Er verschmolz katholische Symbolik mit filmischer Psychologie und brachte den Glauben zurück in den Mainstream. Nicht als Trost, sondern als Angst. Ohne diesen Film gäbe es weder The Omen noch The Conjuring oder den unzähligen Exorzismus-Nachfolger.

  • Regie
    William Friedkin
  • Land / Jahr
    USA / 1973
  • Länge
    122 Minuten
  • Genre
    Religiöser Horror, Psychologisches Drama
  • Hauptbesetzung
    Ellen Burstyn, Max von Sydow, Jason Miller, Linda Blair, Lee J. Cobb


The Omen von Richard Donner (1976) führte das Konzept weiter. Der Antichrist wächst in einer bürgerlichen Familie auf, und das Böse wird zur genealogischen Katastrophe. Die Geschichte reproduziert biblische Furcht, als wäre sie moderne Mythologie. Der Teufel wird nicht verstanden, sondern erklärt. Und was erklärt ist, kann verkauft werden.

Gerade hier zeigt sich Hollywoods Unvermögen, das Böse als Intelligenz zu begreifen. The Omen beginnt mit einer faszinierenden Idee, dass das Böse als Mensch unter Menschen lebt, und biegt dann falsch ab. Statt Manipulation, Versuchung oder psychologischem Einfluss zeigt der Film spektakuläre Todesfälle. Das Böse agiert wie eine Naturgewalt, nicht wie Bewusstsein. Es wirkt, als sei Luzifer nicht mächtig genug, um Menschen zu verführen, also lässt er sie einfach sterben. Der Film verliert dadurch seine eigentliche Stärke: die Möglichkeit, das Böse als soziale oder geistige Macht zu zeigen.

The Omen

Der amerikanische Diplomat Robert Thorn lebt mit seiner Frau Katherine in Rom. Nach einer Totgeburt wird ihm im Geheimen ein anderes Kind übergeben, das angeblich verwaist ist. Sie nennen ihn Damien und ziehen ihn als ihren Sohn gross. Jahre später geschehen in seiner Umgebung immer wieder unerklärliche und grausame Todesfälle. Ein Priester und ein Fotograf beginnen zu ahnen, dass Damien die Wiedergeburt des Antichrist ist. Robert Thorn steht schliesslich vor der Frage, ob er bereit ist, seinen eigenen Sohn zu töten, um die Menschheit zu retten.

Besonderheiten
Der Film nutzt klassische Spannungselemente und religiöse Symbolik, verbunden mit einer eindringlichen Musik von Jerry Goldsmith, die 1977 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Die Inszenierung verzichtet weitgehend auf Blut und Schockeffekte, sondern arbeitet mit Vorahnungen, Andeutungen und biblischen Motiven. The Omen war einer der erfolgreichsten Horrorfilme der 1970er Jahre und begründete eine Reihe von Fortsetzungen.

Einfluss
The Omen festigte das Subgenre des religiösen Horrors im Kino. Zusammen mit Filmen wie Rosemary’s Baby und The Exorcist prägte er das Bild des Bösen als Kind und machte den christlichen Endzeitmythos wieder populär. Viele spätere Filme griffen die Themen von Prophezeiung, Schicksal und göttlicher Strafe auf. Auch das Motiv des unschuldigen Kindes als Werkzeug des Teufels wurde unzählige Male weiterverwendet.

  • Regie
    Richard Donner
  • Land / Jahr
    USA / 1976
  • Länge
    111 Minuten
  • Genre
    Okkult-Horror, Psychologischer Thriller
  • Hauptbesetzung
    Gregory Peck, Lee Remick, David Warner, Billie Whitelaw


Angel Heart von Alan Parker (1987) verlagert das Dämonische in die Psyche. Der Teufel tritt hier nicht als Widersacher Gottes auf, sondern als Vollstrecker menschlicher Schuld. Die Grenze zwischen Täter und Opfer verschwimmt, und das Böse zeigt sich als Konsequenz verdrängter Wahrheit. Für mich ist es der beste Luzifer-Film überhaupt, auch wenn er stellenweise etwas holprig daherkommt. Er macht aus Luzifer das, was man aus der Bibel kennt: einen Verführer, der keine Gewalt braucht, weil er nur die Richtung zeigt. Den Weg gehen die Menschen selbst.

Angel Heart

Privatdetektiv Harry Angel wird 1955 in New York von dem geheimnisvollen Louis Cyphre beauftragt, einen verschwundenen Sänger namens Johnny Favorite zu finden. Die Spur führt ihn nach New Orleans, wo sich religiöse Rituale, Voodoo, Jazz und Gewalt zu einem düsteren Netz verweben. Mit jedem neuen Hinweis gerät Angel tiefer in eine Welt aus Lügen, Blut und Schuld. Erst am Ende erkennt er, dass die Jagd nach Johnny Favorite zugleich eine Jagd nach sich selbst ist.

Besonderheiten
Angel Heart verbindet Film Noir, Okkultthriller und psychologischen Horror auf ungewöhnliche Weise. Der Film besticht durch seine dichte Atmosphäre, seine symbolische Bildsprache und die konsequente Verschmelzung von Schuld, Identität und Verdammnis. Mickey Rourke liefert eine seiner intensivsten Leistungen, während Robert De Niro als Louis Cyphre eine subtile, aber unheilvolle Präsenz ausstrahlt. Die religiöse Symbolik wird nicht plakativ eingesetzt, sondern durch Andeutung und Tonfall vermittelt.

Einfluss
Angel Heart gilt als Brücke zwischen dem klassischen Noir der 40er Jahre und dem modernen metaphysischen Horror. Die Kombination aus Kriminalgeschichte und Teufelspakt beeinflusste zahlreiche spätere Werke, in denen das Böse nicht mehr als äussere Macht erscheint, sondern als Teil der menschlichen Natur. Der Film prägte die visuelle Sprache des urbanen Okkultismus, wie sie später in Serien und Videospielen der 1990er Jahre wiederkehrte.

  • Regie
    Alan Parker
  • Land / Jahr
    USA / 1987
  • Länge
    113 Minuten
  • Genre
    Mystery-Horror, Neo-Noir, Okkultthriller
  • Hauptbesetzung
    Mickey Rourke, Robert De Niro, Lisa Bonet, Charlotte Rampling


The Devil’s Advocate von Taylor Hackford (1997) dagegen macht aus Luzifer den charmanten Anwalt, der die Welt mit Logik und Versuchung verführt. Al Pacino verkörpert den Teufel als Manager der modernen Eitelkeit, als Chefjuristen der menschlichen Selbstrechtfertigung. Der Film enthüllt das Böse als verführerische Rationalität, nicht als Mythos. In seiner grossen Rede feuert Luzifer eine verbale Salve gegen Gott ab und stellt ihn als selbstgefälligen, untätigen Tyrannen dar. Gott erscheint ohnmächtig, Luzifer dagegen lebendig und menschlich. Diese Szene ist pure Verführung, ein Triumph der Intelligenz über Gehorsam.

The Devil’s Advocate

Der junge Anwalt Kevin Lomax ist erfolgreich, ehrgeizig und stolz darauf, noch nie einen Prozess verloren zu haben. Als ihm die New Yorker Kanzlei Milton, Chadwick & Waters ein lukratives Angebot macht, zieht er mit seiner Frau Mary Ann in die Metropole. Schnell steigt er auf und wird zum Liebling seines charismatischen Chefs John Milton. Doch je mehr Kevin gewinnt, desto mehr verliert er sich selbst. Erst spät erkennt er, dass Milton nicht nur ein Anwalt ist, sondern Luzifer persönlich.

Besonderheiten
The Devil’s Advocate ist weniger ein Horrorfilm als eine moralische Versuchungsgeschichte in der Tradition des Faust-Stoffes. Der Film verbindet juristisches Drama mit theologischer Allegorie und zeigt die Hölle als Teil des modernen Kapitalismus. Al Pacino liefert eine theatralische, fast genüssliche Darstellung des Teufels, während Keanu Reeves die menschliche Hybris verkörpert, die glaubt, alles durch Willenskraft kontrollieren zu können. Die Kameraarbeit und das Setdesign spiegeln den luxuriösen Verfall einer Welt, in der Erfolg und Verdammnis ununterscheidbar werden.

Einfluss
Der Film fasst die Entwicklung des religiösen Horrors der 70er und 80er Jahre in einer neuen Form zusammen. Während The Omen das Böse in die Familie brachte und Angel Heart es ins menschliche Bewusstsein verlagerte, verlegt The Devil’s Advocate es endgültig in die Gesellschaft. Hier ist der Teufel kein Wesen, sondern eine Ideologie. Manipulation ersetzt Magie, Macht ersetzt Glauben. Die Hölle liegt nicht jenseits, sondern in der Struktur menschlicher Gier.

  • Regie
    Taylor Hackford
  • Land / Jahr
    USA / 1997
  • Länge
    144 Minuten
  • Genre
    Mystery-Drama, Psychothriller, Okkultthriller
  • Hauptbesetzung
    Keanu Reeves, Al Pacino, Charlize Theron, Jeffrey Jones


Lucifer (TV-Serie, 2016–2021) führt diese Entwicklung ins Absurde. Aus dem gefallenen Engel wird ein gutaussehender Privatdetektiv im Massanzug, der Verbrechen löst und Selbstzweifel mit Charme überspielt. Der Luzifer dieser Serie ist kein Symbol mehr, sondern ein Unterhaltungsprodukt. Er spiegelt das Ende eines Hollywoods, das einst Mythen erschuf und heute nur noch deren Hüllen recycelt. In ihm zeigt sich der Zustand des amerikanischen Kapitalismus, der wie ein untoter Körper weiterläuft, während das Denken längst erloschen ist. Luzifer ist nicht mehr der Widersacher, sondern der Therapeut einer müden Kultur.

Lucifer

Nachdem er Jahrtausende lang die Hölle regiert hat, beschliesst Luzifer Morningstar, auf der Erde Urlaub zu machen. Er zieht nach Los Angeles, eröffnet den Nachtclub Lux und lebt genussvoll zwischen Musik, Verführung und Ironie. Als er Zeuge eines Mordes wird, beginnt er, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Gemeinsam mit Detective Chloe Decker löst er Fälle, während er gleichzeitig mit seiner eigenen Natur ringt. Der gefallene Engel wird zum Ermittler, der versucht zu verstehen, was Gut und Böse in Wahrheit bedeuten.

Besonderheiten
Die Serie basiert lose auf der gleichnamigen Comicfigur aus Neil Gaimans The Sandman-Universum und verwandelt den mythologischen Luzifer in eine moderne Popfigur. Statt als Inkarnation des Bösen erscheint er als charmante, gebrochene Gestalt, die unter göttlicher Einsamkeit leidet. Die Serie nutzt Elemente des Krimis, der Fantasy und des Dramas, um moralische Fragen in einem unterhaltsamen Format zu verhandeln. Tom Ellis’ Darstellung verbindet Humor, Selbstironie und Tragik zu einem vielschichtigen Porträt eines gefallenen Engels, der menschlicher ist als viele seiner Mitmenschen.

Einfluss
Lucifer führt die Entwicklung weiter, die mit Rosemary’s Baby begann und sich über The Omen, Angel Heart und The Devil’s Advocate fortsetzte. Das Böse hat endgültig seine metaphysische Bedrohung verloren und ist Teil des Alltags geworden. Luzifer ist hier kein Gegenspieler Gottes mehr, sondern eine Figur der Selbstreflexion, die Schuld und Erlösung im menschlichen Sinn sucht. Die Serie macht das Teuflische zur Metapher für Identität, Verantwortung und Freiheit. Damit steht sie exemplarisch für die Entmythologisierung des Bösen im modernen Mainstream, in dem die Hölle nicht mehr gefürchtet, sondern verstanden werden will.

  • Regie
    Diverse
  • Land / Jahr
    USA / 2016–2021
  • Länge
    6 Staffeln, insgesamt 93 Episoden
  • Genre
    Urban Fantasy, Krimidrama, Mystery
  • Hauptbesetzung
    Tom Ellis, Lauren German, Kevin Alejandro, D. B. Woodside, Lesley-Ann Brandt

  • Stand Daten via OMDb

Weitere erwähnenswerte Filme

The Black Cat (1934), Night of the Demon (1957), The Brotherhood of Satan (1971), The Antichrist (1974), To the Devil a Daughter (1976), Alucarda (1977), The Sentinel (1977), Prince of Darkness (1987), Hellraiser (1987), Stigmata (1999), End of Days (1999), The House of the Devil (2009), Baskin (2015), Errementari: The Blacksmith and the Devil (2017), Antrum (2018), Hereditary (2018), Anything for Jackson (2020), Hellhole (2022), When Evil Lurks (2023).

Das Böse als Marke

In den neunziger Jahren trat der Teufel endgültig aus der Theologie heraus und in die Erzählstruktur des Kinos ein. The Devil’s Advocate machte ihn zum charmanten Anwalt, zur Personifikation eines Systems, das Moral nur als Fassade kennt. Angel Heart, wenige Jahre zuvor, hatte ihn bereits als melancholischen Verführer gezeigt, der Schuld nicht straft, sondern erkennt. Beide Werke entkleiden das Böse seiner metaphysischen Dimension und verlagern es in den menschlichen Willen. Der Teufel ist nun keine Gestalt mehr, sondern eine Möglichkeit.

Mit The Ninth Gate (1999) fand dieses Motiv seine wohl raffinierteste Form. Roman Polanski machte aus dem Teufel keine Figur, sondern eine Idee. Er ist die Versuchung des Wissens, die Verführung durch Erkenntnis selbst. Der Film zeigt, dass das Böse nicht durch Glauben entsteht, sondern durch Neugier, durch die Lust, hinter den Vorhang zu blicken. Polanski entzieht dem Satanischen jede Moral und verwandelt es in eine intellektuelle Bewegung, in das unaufhörliche Streben nach verbotener Wahrheit.

The Ninth Gate

Der New Yorker Buchhändler Dean Corso wird von dem wohlhabenden Sammler Boris Balkan beauftragt, ein seltenes Buch namens Die neun Pforten ins Reich der Schatten zu überprüfen. Das Werk soll angeblich vom Teufel selbst geschrieben worden sein und die Macht besitzen, ihn zu beschwören. Corso reist durch Europa, um die zwei weiteren erhaltenen Exemplare zu finden und ihre Echtheit zu vergleichen. Dabei gerät er in ein Netz aus Mord, Obsession und Okkultismus, während sich Realität und Aberglaube zunehmend vermischen.

Besonderheiten
Roman Polanski inszenierte The Ninth Gate als eleganten Mysterythriller über die Faszination des Bösen. Der Film basiert auf dem Roman Der Club Dumas von Arturo Pérez-Reverte, verzichtet jedoch auf dessen literarische Metaebene und konzentriert sich auf die okkulte Spurensuche. Johnny Depp verkörpert Corso als zynischen Intellektuellen, der nicht an Dämonen glaubt, bis er selbst in Versuchung gerät. Die ruhige Erzählweise, das europäische Setting und die symbolisch aufgeladene Bildgestaltung verleihen dem Film eine kalte, fast klinische Atmosphäre. Das Böse erscheint hier nicht als schreiende Macht, sondern als stiller Sog der Neugier.

Einfluss
The Ninth Gate steht in der Tradition von Filmen wie Rosemary’s Baby und Angel Heart, in denen Wissen und Macht untrennbar verbunden sind. Er überträgt den Teufelskult in die Welt der Sammler, Bibliophilen und Geheimgesellschaften. Die Suche nach der Wahrheit wird zur intellektuellen Versuchung, bei der sich Rationalität und Okkultismus gegenseitig aufheben. Während The Omen den Teufel als religiöse Bedrohung zeigte, wird er hier zum Symbol für die menschliche Sehnsucht nach Erkenntnis ohne Moral. The Ninth Gate führt Polanskis Beschäftigung mit Schuld und Ambiguität fort und spiegelt das Ende des 20. Jahrhunderts, in dem das Böse nicht mehr gefürchtet, sondern studiert wird.

  • Regie
    Roman Polanski
  • Land / Jahr
    Frankreich, Spanien, USA / 1999
  • Länge
    133 Minuten
  • Genre
    Mysterythriller, Okkultfilm, Psychologischer Horror
  • Hauptbesetzung
    Johnny Depp, Frank Langella, Emmanuelle Seigner, Lena Olin

Hollywood perfektionierte damit, was die Kirche begonnen hatte: die industrielle Wiederholung der Angst. Jeder Film verkauft denselben Mechanismus der Beruhigung. Das Böse bleibt fassbar, kontrollierbar und konsumierbar. Glauben und Unterhaltung verschmelzen zu einem System, das dieselbe Struktur hat wie eine Messe, nur ohne Altar. Man schaut, man zittert, man wird erlöst. Und am Ende flackert der Abspann wie ein Amen über der Dunkelheit.

Zwischen Realität und Inszenierung

In der realen Welt wurde der Glaube längst säkularisiert, doch die Mechanik der Angst blieb erhalten. The Most Hated Woman in America (2017) erzählt die Geschichte von Madalyn Murray O’Hair, einer Atheistin, die in den Vereinigten Staaten das Recht auf Glaubensfreiheit auch für Nichtgläubige erstritt. Ihre Weigerung, sich religiösem Druck zu beugen, machte sie zur Zielscheibe einer ganzen Nation. Medien und Kirchen stilisierten sie zur Bedrohung, zur gottlosen Feindin im eigenen Land.

Most Hated Woman in America

Die Geschichte folgt dem Leben von Madalyn Murray O’Hair, Gründerin der Organisation American Atheists und eine der umstrittensten Persönlichkeiten der Vereinigten Staaten. In den 1960er Jahren kämpfte sie erfolgreich dafür, Gebete aus öffentlichen Schulen zu verbannen, was ihr den Hass religiöser Gruppen und der Medien einbrachte. Jahrzehnte später wird sie zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Enkelin entführt. Was als Kriminalfall beginnt, wird zum Porträt einer Frau, die sich in einem Land, das Freiheit predigt, aber Glauben verlangt, nie beugen wollte.

Besonderheiten
Der Film zeigt den Aufstieg und Fall einer Frau, die zur Symbolfigur des säkularen Denkens wurde. Regisseur Tommy O’Haver inszeniert die Geschichte als Mischung aus Biopic und Kriminaldrama, verfällt dabei aber stellenweise in Pathos und Vereinfachung. Melissa Leo verkörpert O’Hair mit einer Mischung aus Trotz, Intelligenz und Arroganz, die sie zugleich bewundernswert und schwer erträglich macht. Der Titel ist kein Werbeslogan, sondern Ausdruck der gesellschaftlichen Intoleranz gegenüber Ungläubigen in einem Land, das sich selbst als moralisch überlegen versteht. Trotz seiner Schwächen gelingt dem Film ein Blick auf den religiösen Fanatismus als Teil amerikanischer Kultur, nicht als Ausnahmeerscheinung.

The Most Hated Woman in America ist kein Horrorfilm, aber er behandelt das gleiche Thema wie viele Werke des Genres: die Angst vor Glaubensverlust und die gesellschaftliche Bestrafung von Ungehorsam. Wo Filme wie The Omen oder The Devil’s Advocate das Böse mythologisch überhöhen, zeigt dieser Film, wie real die Macht der Religion in der Moderne geblieben ist. Madalyn Murray O’Hair wird zur Gegenfigur des Luzifers: Sie rebelliert nicht gegen Gott, sondern gegen jene, die ihn für ihre Zwecke missbrauchen. Ihr Schicksal erinnert daran, dass das wahre Grauen nicht in Ritualen oder Prophezeiungen liegt, sondern in der Verachtung für den freien Geist. Damit bildet der Film einen ernüchternden Schlusspunkt in der Darstellung des Bösen als menschliches, nicht mehr metaphysisches Phänomen.

  • Regie
    Tommy O’Haver
  • Land / Jahr
    USA / 2017
  • Länge
    91 Minuten
  • Genre
    Biopic, Krimidrama, Gesellschaftsdrama
  • Hauptbesetzung
    Melissa Leo, Josh Lucas, Adam Scott, Vincent Kartheiser, Juno Temple

Bemerkenswert ist, dass O’Hair schliesslich selbst eine Art Gegenkirche gründete, die American Atheists. Damit schuf sie eine Struktur, die in Organisation und Auftreten jenen religiösen Institutionen ähnelte, gegen die sie ursprünglich angetreten war. Gerade darin liegt ein Widerspruch, der den amerikanischen Atheismus einzigartig macht. Der Glaubensgedanke verschwindet nicht, er verwandelt sich. Der Kampf gegen Religion wird selbst zu einer Art Glaubenssystem, das Führungsfiguren, Dogmen und Anhänger kennt.

O’Hair wurde damit zu einer Figur, die in keinem Horrorfilm auftreten müsste, um Angst zu erzeugen. Ihre Existenz genügte. Der Film zeigt, wie Religion und Öffentlichkeit Hand in Hand arbeiten, um ein Gesicht für das Böse zu finden, wenn kein Dämon zur Verfügung steht. Wo früher die Kirche den Scheiterhaufen entzündete, reichen heute Kamera, Empörung und ein geschickt inszeniertes Feindbild. Der Teufel ist austauschbar, solange er sich verkauft.

Wer sich allerdings wirklich für O’Hairs Geschichte interessiert, sollte eher zur Dokumentation Godless in America greifen. Der Netflix-Film bleibt in manchen Punkten unklar und lässt zentrale Aspekte ihres Wirkens, etwa ihre institutionelle Rolle innerhalb der American Atheists, nur erahnen. Godless in America vermittelt das Spannungsfeld zwischen Überzeugung, Macht und öffentlicher Wahrnehmung sehr viel präziser.

Der Grenzfall: The VVitch

Doch während Hollywood den Teufel zur Massenware machte, entstanden Filme, die seine Ikonografie still zersetzten. The VVitch von Robert Eggers kehrt an die Wurzeln der religiösen Paranoia zurück, an die Grenze zwischen Glauben und Wahn. Er zeigt, wie die Vorstellung des Bösen eine Familie zerstört, ohne dass es je erscheint. Der Teufel existiert nur durch das, was die Menschen in ihm sehen. Damit schliesst sich der Kreis zu Hagazussa und Akelarre. Zwischen europäischer Askese und amerikanischem Spektakel liegt die eigentliche Frage: ob das Böse überhaupt ohne Zuschauer existieren kann.

The VVitch

Neuengland im Jahr 1630. Eine puritanische Familie wird aus ihrer Gemeinschaft verbannt und versucht, am Rand eines Waldes ein neues Leben aufzubauen. Doch die Isolation, die religiöse Strenge und eine Reihe unerklärlicher Ereignisse lassen Misstrauen wachsen. Als das jüngste Kind verschwindet und die Ernte verdirbt, verdächtigen die Eltern ihre Tochter Thomasin, mit dunklen Mächten im Bund zu stehen. Angst, Schuld und Wahn zerstören die Familie von innen heraus, während das Böse unbemerkt Gestalt annimmt.

Besonderheiten
Der Debütfilm von Robert Eggers verbindet historische Authentizität mit psychologischem Horror. Dialoge, Kostüme und Sprache beruhen auf zeitgenauen Quellen, wodurch der Film eine beklemmende Glaubwürdigkeit erreicht. Die Musik von Mark Korven verstärkt die Atmosphäre ständiger Bedrohung. Anstatt auf Effekte oder Schockmomente zu setzen, konzentriert sich Eggers auf die Dynamik von Glaube, Macht und Angst innerhalb einer streng religiösen Gemeinschaft. Das Böse bleibt ambivalent, es ist nicht klar, ob es übernatürlich existiert oder das Resultat puritanischer Paranoia ist. Die karge Landschaft und das Licht wirken wie Gefängniszellen der Seele.

Einfluss
The Witch gilt als Ausgangspunkt des modernen Folk-Horrors im 21. Jahrhundert. Der Film greift Themen auf, die schon in The Wicker Man oder The Crucible angedeutet wurden, und führt sie zu einer neuen Form der spirituellen Beklemmung. Er zeigt, wie religiöser Fanatismus in Isolation umschlägt und wie die Angst vor weiblicher Selbstbestimmung zur Projektion des Bösen wird. Thomasin wird zum Symbol jener Frauen, die sich den Zwängen einer gottbestimmten Welt entziehen. Ihr Schritt in die Freiheit am Ende ist nicht der Sieg des Satans, sondern die Emanzipation von einer Ordnung, die das Menschliche verleugnet. The Witch stellt die Frage, ob das Böse wirklich ausserhalb des Menschen existiert oder erst durch seine Angst entsteht.

  • Regie
    Robert Eggers
  • Land / Jahr
    USA / 2015
  • Länge
    93 Minuten
  • Genre
    Folk-Horror, Psychologischer Horror, Historisches Drama
  • Hauptbesetzung
    Anya Taylor-Joy, Ralph Ineson, Kate Dickie, Harvey Scrimshaw

Meiner Meinung nach beginnt The VVitch stark, mit einer rohen Atmosphäre und einem klaren Blick auf religiösen Wahn. Doch gegen Ende verliert der Film diesen Fokus und flüchtet sich in das, was er zu Beginn kritisiert: die Vorstellung realer dämonischer Kräfte. Er beginnt als Studie über Angst und endet als Bekenntnis zu ihr. Das ist bedauerlich, weil Eggers genau dort, wo er sich vom Übernatürlichen hätte lösen können, wieder in dessen Arme fällt. Eine Entwicklung wie in Hagazussa oder The Devil’s Bath hätte ich hier deutlich stärker gefunden. Beide Filme zeigen, dass das Grauen oft aus der Welt selbst kommt Aus der Isolation, dem Aberglauben und psychischer Zerrüttung, nicht aus einem metaphysischen Bösen. The VVitch dagegen bestätigt am Ende den christlichen Mythos, anstatt ihn zu dekonstruieren.

Abschluss Teil 2: Der Teufel im Vertrieb

Was Hollywood verkauft, ist nicht der Teufel, sondern die Beruhigung, dass es ihn angeblich gibt. Angst wird zum Produkt, Moral zum Design. In den grossen Studios lebt der alte Glaube fort, nur effizienter. Der Zuschauer bezahlt für dieselbe Erlösung, die die Kirche einst versprach, nur verpackt in zwei Stunden Dunkelheit und Popcorn.

Die Leinwand ersetzt die Kanzel, der Projektor das Licht aus der Höhe. Zwischen Predigt und Projektion liegt kein Unterschied, nur ein Ticketpreis. Wer in diesen Filmen den Teufel sucht, findet nur die Angst, die ihn erschaffen hat.

Doch diese Angst dient einem bestimmten Publikum. Sie soll vor allem jene abholen, die ohnehin glauben wollen. Religiöse Menschen finden darin eine Bestätigung ihrer eigenen Weltordnung, während Theoklasten (wie ich einer bin) darin nur Wiederholung sehen. The VVitch hätte den Mut haben können, diesen Glauben zu unterlaufen. Stattdessen bestätigt er ihn. Das ist die Ironie vieler amerikanischer Produktionen: Sie predigen Aufklärung, aber sie enden in der alten Furcht vor der Hölle.

Filme über Satan können durchaus faszinieren, auch die übernatürlichen. Doch sie müssen es mit Intelligenz tun, nicht mit Dogma. Angel Heart hat das verstanden. Dort wird das Übernatürliche nicht als Beweis verkauft, sondern als Versuchung. Als Spiegel der Schuld, die in jedem Menschen wohnt. Das ist der Unterschied zwischen Kino und Katechismus.

Überleitung zu Teil III: Satanische Hysterie

Die Dämonenmaschine Hollywoods drehte sich weiter, bis die Fiktion die Realität einholte. Als religiöse Angst und Unterhaltung verschmolzen, entstand eine neue Form der Panik. Was als Film begann, verwandelte sich in gesellschaftliche Hysterie, in moralische Prozesse und in Schlagzeilen. Aus dem Symbol wurde Verdacht, aus dem Kino wurde Gerichtssaal. Hier beginnt die letzte Stufe der Projektion. Die Angst verlässt die Leinwand und sucht sich ein neues Opfer.


Quellen

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